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Priya W.

DENTA_Frankfurt_Priya W.-1-2020-01-28

by Angela R.

 

 

 

 

Priya W., 60 Jahre alt, lebt in einer hessischen Kleinstadt

 

Priya stammt aus einem kleinen Ort in der Pfalz , lebt aber schon seit vielen Jahren in der Nähe von Frankfurt am Main. Sie ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder, zwei Töchter und einen Sohn und 6 Enkelkinder.
Priya hat sich mit Ende 50 – vor Eintritt des regulären Rentenalters - entschieden, aus dem lohnabhängigem Berufsleben auszusteigen. Sie hatte in ihrer Jugend ein Studium der Innenarchitektur abgeschlossen, war danach einige Jahre als Angestellte und später als freie Mitarbeiterin in Architekturbüros tätig. Eine lange Berufsphase hat sie als Verwaltungsangestellte an der U3L  verbracht (von 2001-2016), wo sie für die Organisation der Lehrveranstaltungen und das Vorlesungsverzeichnis zuständig war.
Die Entscheidung ist ihr nicht leichtgefallen, aber letztlich hat sie sich gegen eine Fortführung ihrer Berufstätigkeit entschieden. Im Interview sagt sie hierzu:

 

„Ich habe mich zu diesem Schritt entschieden, jetzt wo ich noch fit bin, um neue Perspektiven und auch einen neuen Erwerb zu finden. Ich wünsche mir , mein Leben in größerer Selbstbestimmung zu gestalten.“

 

Die nachberufliche Zeit, der sogenannte „Ruhestand“ bedeutet aber für sie keineswegs Stillstand oder Stagnation, sie bleibt für sie vielmehr eine Zeit, eigene Fähigkeiten und Talente neu zu entdecken. Priya engagiert sich weiterhin auf vielfältige Weise und hat in ihrem großen Haus und um das Haus herum viel zu tun. Sie trifft sich oft mit Freunden und Nachbarn. Sehr regelmäßig hat sie Kontakt zu ihren Kindern und betreut häufig ihre Enkelkinder. Außerdem beschäftigt sie sich schon seit vielen Jahren mit der Malerei. Ihre Werke stellt sie gelegentlich aus. Auch Reisen zu Campingaufenthalten am Meer und neuerdings auch Rundreisen mit dem Wohnmobil unternehmen Priya und ihr Mann sehr gern. Hier bietet ihnen die nachberufliche Zeit mehr Flexibilität, die sie genießen.
Neben dem Wunsch nach größerer Selbstbestimmung hat aber auch das Bedürfnis nach einem angepassteren Lebensrhythmus für Priyas Entscheidung eine Rolle gespielt.

 

Hierzu sagt sie im Interview:

„Ich merke aber auch, wie sich mit zunehmendem Alter die körperliche Belastbarkeit verändert. Ich frage mich jetzt eher, wann ist es genug und spüre, dass es wichtig ist, Ruhephasen in mein Leben zu integrieren. Auch mit den Enkeln unternehme ich eher ruhigere Dinge als ihre Eltern.“

 

Wenn auch die berufliche Phase beendet ist, bleibt es ihr wichtig, im Tagesablauf eine Struktur zu bewahren. Sie nutzt die gewonnene Zeit, um „Altlasten“ zu entsorgen, Dinge und Aufgaben, die von früher liegen geblieben sind, zu erledigen. Das „Mehr“ an Zeit nutzt sie auch, um sich stärker dem eigenen Körper zuzuwenden, ihn fit zu halten z.B. indem sie regelmäßig Yoga macht.

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Auf die Frage, ob sie sich an ein Schlüsselerlebnis erinnert, bei dem ihr klar wurde, dass die Außenwelt sie als „alt“ wahrnimmt, antwortet Priya:

 

„Ja, da kann ich mich an eine Situation erinnern. Ich war in Berlin und lief auf der Straße, als eine junge Frau – ich weiß nicht mehr warum – zu mir gesagt hat „Du Alte“. Das war so vor 10 Jahren. Das war das erste Mal, das mir so eine Bemerkung bewusst gemacht wurde. Und ich habe mich gefragt, sagt sie das, weil ich so aussehe? Das hat mich aufhorchen lassen. So eine Bemerkung führt einem vor Augen, dass das Leben endlich ist, dass die Kräfte weniger werden. Es führt einen zu der Konfrontation mit der Endlichkeit. Aber gleichzeitig erleichtert es einem die Erkenntnis, dass nur der Moment zählt.“

 

Priya berichtet, dass bei den körperlichen Veränderungen, die das Alter für sie mit sich bringt, weniger die äußerlichen Veränderungen, wie Falten und graue Haare, ein Problem darstellen. Aber dass sie, wenn sie zum Beispiel im Garten etwas macht, nicht mehr so schwer tragen kann wie früher, dass sie lernen muss, mit den Kräften Haus zu halten. Das war früher für sie anders.

 

Gefragt danach, wie sie die jetzige Lebensphase für sich beschreiben würde, antwortet sie:

 

„Das ist die beste Zeit für mich und ich finde, es wird für mich immer besser. Ich lebe von Tag zu Tag. Ein „Mehr“ an Zeit zu haben, ist ein Geschenk. Jeder Berufstätige kann sich darauf freuen.“

 

Zu ihrer Erinnerung an das Altern der eigenen Eltern bemerkt sie, dass diese für sie
keine Lebensfreude im Alter ausgestrahlt haben und auch keine Wünsche mehr formuliert haben. Das hat zunächst auch ihr eigenes Bild vom Alter geprägt: Alter als eine Zeit von Abgeschlossenheit und Gleichförmigkeit. Das lag für Priya an den Lebensumständen in früheren Jahren und habe sich mittlerweile geändert. Ihre eigene Mutter ist heute 90 Jahre alt und lebt weit entfernt in einem anderen Bundesland in einem Pflegeheim. Sie ist körperlich eingeschränkt und P. empfindet sie als stark auf sich selbst gerichtet und wenig aufnahmebereit für ihre Außenwelt. Auch wenn sie sich nicht so oft sehen können, ist sie präsent in ihren Gedanken, mindestens einmal wöchentlich telefonieren sie. Auf die Frage, ob sie selber sich vorstellen könne, in einem Pflegeheim zu leben, antwortet sie:

„Nein, ich wünsche mir eigenständig zu leben bis zum Tod. Ich möchte sterben, ohne Medikamente, gerade auch wenn ich sehe, wie viele Medikamente meine Mutter einnimmt. Und ich habe das Gefühl, es wird mir gelingen.“

 

Gefragt danach, was für sie Glück bedeutet sagt sie:

 

„Was ist für mich Glück? Als Kind, da hat man eine materielle Vorstellung vom Glück, da wünscht man sich zum Glücklichsein eine Puppe, ein Fahrrad und solche Dinge...Als Jugendliche dann hat sich die Vorstellung gewandelt, da wünscht man sich ein schönes Auto, einen schönen Freund. So hat sich die Vorstellung vom Glück im Laufe der Jahre sehr verändert. Heute besitze ich ein Wissen darüber, dass ich das Glück in mir selber finden kann. Inzwischen ist Glück für mich das Einssein mit dem Moment und das Erleben vieler solcher Momente. Glück ist für mich ein Platz, wo ich mich wohlfühle. Und Glück ist, wenn alle gesund sind.“

 

Zum Abschluss des Interviews haben wir gefragt:


Gibt es so etwas, was du anderen als Botschafterin sagen möchtest?


(P. lacht...) „Ja, ich als Botschafterin: Einfach jede Phase gelassen anzugehen und somit nicht zu hadern mit dem, was gerade ist, einfach das annehmen, was gerade ist. Die Fragen und alles, das kommt auf einen zu. Wenn man gelassen genug ist, sieht man das auch.“